Wie das Bewusstsein die Realität erschafft

Interview mit Jörg Starkmuth von Goran Kikic, erschienen auf Spirit Unlimited, 2011

Hallo Jörg. Danke, dass du dir die Zeit genommen hast, uns ein Interview zu deinem Buch „Die Entstehung der Realität – Wie das Bewusstsein die Welt erschafft“ zu geben, das sich großer Beliebtheit erfreut und dem Leser ein Weltbild vorstellt, das nicht dem gängigen entspricht. Die meisten Menschen gehen davon aus, dass sie in einer festen, soliden und materiellen Welt leben. Gibt es so etwas wie Materie überhaupt?

Natürlich gibt es Materie, denn wir haben bestimmte Phänomene, die wir real erleben, mit diesem Namen belegt. Ich sage das vorab, um klarzumachen, dass alle sogenannten „Dinge“ eigentlich nur menschliche Definitionen sind – unsere Einteilung des Erlebten in abgegrenzte Kategorien, die wir mit Begriffen belegen. Begriffssysteme, ebenso wie ganze Weltbilder, sind nützlich als Denkmodelle, aber keine universelle Wahrheit. Das sollte man bei jeglicher Überlegung über die Natur der Realität im Hinterkopf behalten.

Materie im Sinne unserer gängigen Vorstellung von „fester Substanz“ gibt es allerdings nur in unserem Alltagserleben. Je genauer wir sie untersuchen, desto mehr präsentiert sich Materie als eine Art gebündelter Energie. Was wir als „Festigkeit“ erleben, sind unsichtbare Kräfte, die mit unseren Sinnesorganen wechselwirken. Betrachten wir gar einzelne Elementarteilchen, stellen wir fest, dass sie den Charakter eines Teilchens erst dann erlangen, wenn sie mit anderer Materie, z. B. einem Messgerät, interagieren.

„Freie“ Teilchen dagegen sind gar keine Teilchen, sondern eine Art im Raum verteilte Möglichkeitswellen, die keinen festen Ort einnehmen und zusammen mit anderen Wellen komplexe Überlagerungsmuster bilden. Erst wenn viele Wellen zusammenwirken, verändern sich diese Muster so, dass wir die lokal eng begrenzten Wechselwirkungen beobachten, die wir dann als „Teilchen“ interpretieren – womit wir unsere Alltagsvorstellung von Materie in den Mikrokosmos zu übertragen versuchen, was uns aber das Begreifen der eigentlichen Natur der Materie eher erschwert.

Viele esoterische Bücher beschreiben, dass jeder Mensch sich seine eigene Realität erschafft, und auch du schreibst, dass wir die Realität erzeugen, auf die wir unsere Wahrnehmung richten. Doch offenbar scheinen wir Menschen mehr oder weniger alle dasselbe zu sehen, wenn wir unseren Blick auf die Welt richten. In Paris sehen wir den Eiffelturm, in London den Buckingham-Palast und in New York die Freiheitsstatue. Wie würdest du den Begriff „Realität“ definieren? Gibt es aus deiner Sicht so etwas wie Realität, die für uns alle gleichermaßen zutrifft, überhaupt?

„Realität“ ist wiederum nur ein Begriff, den man unterschiedlich definieren kann. Ich meine damit zumeist das, was ein Mensch oder auch eine Gruppe von Menschen bewusst erlebt. Dabei betrachten wir üblicherweise eine Realität als umso „realer“ oder „objektiver“, je mehr Menschen sie auf ähnliche Weise wahrnehmen. Dennoch erlebt jeder Mensch eine persönliche, einzigartige Realität, die ohne sein Bewusstsein nicht in dieser speziellen Form existieren würde. Er erschafft diese Realität also kraft seines Bewusstseins. Die kollektive Realität ist dann die Schnittmenge der individuellen Realitäten.

Erschafft demnach also jedes einzelne Bewusstsein die Welt, oder gibt es auch so etwas wie die Summe aller Bewusstseine, sozusagen eine Art Kollektivbewusstsein? Und wie verträgt sich dieses mit dem einzelnen Individualbewusstsein?

Es muss in meiner Weltsicht sogar noch mehr geben als ein Kollektivbewusstsein, das lediglich die Summe aller individuellen Bewusstseinsinstanzen ist. Beachte, dass ich nicht „Bewusstseine“ sage, weil es eigentlich in dieser Sichtweise gar nicht mehrere gibt, sondern nur ein einziges, kosmisches Bewusstsein, aus dem alles hervorgeht – oder genauer müsste man eigentlich sagen: in dem alles enthalten ist, denn im Grunde sind das wahrnehmende Bewusstsein und die wahrgenommene Realität ein und dasselbe. Man kann es sich wie eine verschachtelte Hierarchie von Wahrnehmungsperspektiven innerhalb eines großen Ganzen vorstellen. Je feiner sich diese Struktur verzweigt – Mathematiker mögen hier an die Mandelbrot-Menge oder andere Fraktale denken –, desto kleiner wird der wahrgenommene Ausschnitt des Ganzen.

Was wir als gemeinsame Realität erleben – die physikalische Welt – ist in diesem Weltbild die Schöpfung bzw. Wahrnehmung eines übergeordneten Bewusstseins, das mehr sein muss als die Summe aller Individuen, da seine Komplexität und Logik, die ja unter anderem von den Naturwissenschaften erforscht wird, weit über die menschliche Existenz hinausgeht. Innerhalb dieses umfassenden Bewusstseins, das selbst ein Teilaspekt des kosmischen Bewusstseins ist, existieren Unterebenen, die sich beispielsweise als Gesellschaften oder Gruppen mit gemeinsamen Überzeugungen manifestieren – und darin wiederum die einzelnen Aspekte, die wir als individuelles Bewusstsein bzw. individuelle Realität einzelner Menschen erleben.

Da diese ganze Struktur hochgradig und hierarchisch vernetzt ist, müssen die Realitäten untergeordneter Bewusstseinsinstanzen immer mit dem jeweils übergeordneten Bewusstseinsrahmen konform sein, sodass es innerhalb dieses Rahmens nicht zu logischen Widersprüchen kommt. Deshalb leben wir in einer gemeinsamen Realität und haben doch jeder auch eine eigene.

Du schreibst in deinem Buch vom „Mythos Zufall“. Albert Einstein sagte einst: „Das, wobei unsere Berechnungen versagen, nennen wir Zufall.“ Ich stelle mir die Frage, ob in einem Universum, das bestimmten Naturgesetzen unterliegt, so etwas wie der Zufall oder das Schicksal überhaupt existieren können?

Einstein hoffte noch auf eine Physik, in der alles berechenbar ist – was mich eigentlich wundert, denn das würde tatsächlich bedeuten, dass der freie Wille reine Illusion wäre, also kein sehr erfreuliches Weltbild, wie ich finde. Tatsächlich lehrt uns aber die Quantenphysik, dass die klassischen, scheinbar starren Naturgesetze nur statistische Mittelwerte von unscharfen Wahrscheinlichkeitsverteilungen sind, die auf den schon erwähnten Möglichkeitswellen der Quantenphysik basieren.

Wo viele Teilchen beteiligt sind, also bei großen Objekten, wird das Gesamtverhalten statistisch vorhersehbar und damit berechenbar. Das Verhalten einzelner Teilchen aber lässt sich nach derzeit anerkanntem Wissensstand nicht vorhersagen. Hier liegt die Quelle dessen, was als echter Zufall bezeichnet wird – im Alltag bezeichnen wir freilich auch vieles als Zufall, dessen Ursachen wir schlicht nicht überblicken und das wir deshalb nicht vorhersehen können.

Wenn der Quantenzufall nun tatsächlich völlig unvorhersehbar wäre, gäbe es freilich auch wieder keinen Spielraum für einen freien Willen – es würde uns lediglich so vorkommen, als träfen wir freie Entscheidungen, tatsächlich wären wir aber komplett von den statistischen Naturgesetzen und vom blinden Zufall beherrscht.

Zwar bestätigt uns auch die Hirnforschung, dass unser gefühlter freier Wille größtenteils Illusion ist, aber es gibt doch deutliche Indizien dafür, dass wir dennoch einen gewissen geistigen Einfluss auf die physikalische Realität haben. Entgegen einem unter Esoterikern verbreiteten Irrglauben finden wir diese Indizien aber nicht direkt in der Quantenphysik. Dieser Irrtum basiert darauf, dass die dort verwendeten Begriffe „Messung“ und „Beobachtung“ fälschlich mit bewusster Beobachtung gleichgesetzt werden, woraus der Trugschluss gezogen wird, das Bewusstsein selbst mache aus einer Welle im Moment der Messung ein Teilchen. Solche Fehldeutungen erschweren den Dialog zwischen Naturwissenschaft und Esoterik leider ungemein.

Auf der Suche nach einem Einfluss des Bewusstseins auf die Wirklichkeit müssen wir uns vielmehr in den Bereich der umstrittenen Interpretationen der Quantenphysik begeben, die sich unter anderem der offenen Frage widmen, wer oder was dafür sorgt, dass von mehreren quantenphysikalisch erlaubten Zuständen ein bestimmter Wirklichkeit wird. Ist es tatsächlich ein blinder Zufall – der sich innerhalb der Quantentheorie übrigens nicht begründen lässt – oder gibt es einen Einfluss des beobachtenden Bewusstseins? Die Quantentheorie in ihrer heutigen Form kann diese Frage nicht beantworten.

Die besagten Indizien liefert uns daher nicht die Physik, sondern vielmehr die Parapsychologie, die vielfach experimentell zeigen konnte, dass sich die Ergebnisse von Zufallsexperimenten tatsächlich auf rein geistigem Weg in eine Richtung beeinflussen lassen, die mit der Absicht der Versuchsperson übereinstimmt – beispielsweise die Absicht, den statistischen Mittelwert einer Folge von Zufallszahlen zu erhöhen oder abzusenken. Zwar ist der messbare Einfluss zumeist extrem klein, und die Experimente lassen sich schwer reproduzieren, aber Meta-Analysen, die die Ergebnisse zahlloser Studien gemeinsam auswerten, zeigen insgesamt einen robusten Effekt, der sogar statistisch signifikanter ist als beispielsweise der statistische Nachweis der Wirksamkeit mancher zugelassenen Medikamente im Vergleich zum Placebo. Und ich spreche hier nicht von Homöopathie – denn bei der konnte bis heute kein solcher Nachweis erbracht werden –, sondern von Medikamenten der anerkannten Schulmedizin.

Also gibt es offenbar tatsächlich eine direkte Interaktion zwischen Bewusstsein und Materie. Und das ist auch das Hauptargument für die Grundthese meines Weltbildes, dass letztlich alles, was existiert, aus Bewusstsein hervorgeht oder genauer gesagt eine Erscheinungsform von Bewusstsein ist.

Dass der Einfluss im Rahmen von Experimenten so gering ist, liegt vor allem an dem genannten Prinzip der Widerspruchsfreiheit zwischen individueller und kollektiver Realität. Wir sind stark an die kollektive Bewusstseinsströmung gebunden; Abweichungen von ihren üblichen Gesetzen – auch „Wunder“ genannt – sind daher umso schwieriger, je mehr Kontrolle die Umgebung über das Experiment ausübt. Daher wird auch jemand, der für Wunder offen ist, diese öfter erleben als ein Skeptiker – was wiederum ein Grund für die schlechte Reproduzierbarkeit solcher Experimente sein kann.

Aber es gibt auch genügend gut dokumentierte Berichte von Phänomenen, die eine weitaus massivere Größenordnung aufweisen, insbesondere Poltergeist-Phänomene, wo sich große Objekte wie von Geisterhand bewegen. Vieles deutet darauf hin, dass diese Erscheinungen von bestimmten, oft psychisch labilen Menschen ausgelöst werden.

In deinem Buch ist die Rede von Parallelrealitäten. Was kann man sich darunter vorstellen? Bedeutet das, dass wir Menschen alle in mehreren Varianten gleichzeitig existieren?

Ausgangspunkt für diese Überlegungen ist die sogenannte Viele-Welten-Deutung der Quantentheorie aus den fünfziger Jahren. Sie geht davon aus, dass alle quantenphysikalisch möglichen Zustände parallel als voneinander unabhängige Realitäten existieren. Oben habe ich die Frage erwähnt, wie aus mehreren dieser Zustände ein bestimmter ausgewählt wird. In der Viele-Welten-Deutung findet überhaupt keine Auswahl statt, sondern jede Möglichkeit findet in einer eigenen Realitätsvariante statt, und auch ein menschlicher Beobachter würde in mehreren Varianten existieren, von denen jede glaubt, die einzige zu sein.

Damit umgeht die Viele-Welten-Deutung die Frage nach einem Auswahlprinzip für bestimmte Realitätsvarianten. In einem solchen Modell hat ein freier Wille allerdings wiederum keinen Platz, denn egal was wir tun – in einer parallelen Realität würde immer auch das Gegenteil passieren. Wenn wir den von mir angenommen Einfluss des Bewusstseins auf die Realität begründen wollen, müssen wir das Modell daher modifizieren. Ich betrachte die Gesamtheit aller möglichen Realitäten, die wir uns in einem höherdimensionalen Raum nebeneinander angeordnet vorstellen können, als einen Möglichkeitsraum, auch „Multiversum“ genannt. Dieser ist zunächst einmal „virtuell“ in dem Sinne, dass er das Potenzial für erlebte Realität darstellt, aber zumindest aus unserer Perspektive noch keine erlebte Realität ist.

In den vedischen Schriften steht, dass die Welt, so wie wir sie wahrnehmen, eine Illusion (Maya) ist. Auch die Zeit würde nicht existieren. Du schreibst, dass erst unser Bewusstsein bestimmte Momentaufnahmen aus dem Spektrum aller Möglichkeiten auswählt und sie so sortiert, dass eine schlüssige Geschichte – ein „Schicksal“ – als Pfad durch den Möglichkeitsraum entsteht. Kannst du das etwas näher erklären?

Das Multiversum ist identisch mit der höchsten Bewusstseinsebene – du kannst es Gott, kosmisches Bewusstsein oder Tao nennen, es gibt viele Namen dafür. Auf dieser Ebene sind alle Möglichkeiten Realität – oder keine, je nach Definition von Realität. Eine individuelle Bewusstseinsinstanz wie unsere hingegen nimmt nur einen winzigen Ausschnitt des Multiversums wahr und erschafft ihn dadurch als persönliche Realität.

Unsere Lebensgeschichte entsteht also dadurch, dass unser Bewusstsein sich sozusagen durch diesen Möglichkeitsraum bewegt und dabei immer diejenige Realität ansteuert und erlebt, die es zuvor „angepeilt“ hat. Durch die Verkettung all dieser Momentaufnahmen nach logischen Gesichtspunkten entsteht eine Geschichte und damit auch erst das, was wir als Zeitablauf wahrnehmen. Schon Einsteins Relativitätstheorie lehrt uns, dass die Zeit vom Beobachter abhängt und nur eine Erscheinungsform des übergeordneten, vierdimensionalen Raumzeit-Kontinuums ist.

Der Möglichkeitsraum selbst ist unveränderlich, statisch und ewig. Er enthält alles, was man erleben könnte, einschließlich aller denkbaren Varianten unseres Körpers. Realität wird eine dieser Varianten aber erst, wenn unser Bewusstsein sie aktiv ansteuert. Das bedeutet, dass unser Bewusstsein nicht an den Körper gebunden ist, sondern ihn – bzw. eine seiner zahllosen möglichen Varianten – lediglich als „Zuhause“ oder auch Fokuszentrum wählt. Damit stimmt meine Sichtweise mit Erkenntnissen über die körperunabhängige Natur der Seele überein, die wir in Esoterik und Spiritualität bestätigt finden, aber auch in ganz handfesten, medizinisch bestätigten Berichten, nach denen Patienten nachweislich Details ihrer eigenen Operation von außerhalb ihres Körpers beobachten konnten, obwohl ihr Körper sich in Vollnarkose befand oder sogar klinisch tot war – und entgegen anders lautenden Behauptungen funktioniert das auch dann noch, wenn das Gehirn keinerlei Aktivität mehr zeigt.

Viele Weltenlehrer wie z. B. Buddha sollen gesagt haben, dass wir durch unsere Gedanken und Gefühle die Welt kreieren. Ich selbst habe positive Erfahrungen damit gemacht, mir bestimmte Lebensumstände zu schaffen. Dabei habe ich festgestellt, dass mein Glaube – im Sinne innerer Überzeugungen, nicht religiös gemeint – offenbar eine gewichtige Rolle einzunehmen scheint. Ich glaubte daran, dass eine Heilerin in Bosnien durch Handauflegen einen Meniskusriss heilen konnte, an dem ich litt. Und es war tatsächlich so, dass mir „nach meinem Glauben geschah“. Einem Freund von mir, der dem Thema „Heilen durch Handauflegen“ sehr skeptisch gegenüberstand, brachten die Heilversuche der Heilerin dagegen keine positiven Resultate. Seit dieser Zeit befasse ich mich viel mit Glaubenssatzarbeit und dem menschlichen Unterbewusstsein. Wie siehst du das? Welchen konkreten Einfluss haben wir Menschen auf die Gestaltung unserer Lebensumstände? Was würdest du einem Menschen empfehlen, wenn er dich fragt, wie er sein Bewusstsein ausrichten soll, um sich ein glücklicheres Leben zu erschaffen?

Solche sogenannten Wunderheilungen sind ein weiteres starkes Indiz für einen direkten Einfluss des Bewusstseins auf die materielle Wirklichkeit. Innere Überzeugungen spielen dabei eine wesentliche Rolle, denn jeder Mensch kann nur eine für ihn vorstellbare Realität erleben. Andererseits wird die Vorstellung vom Erlebten bestätigt und dadurch gefestigt. Das ist eine Rückkopplungsschleife, die ich „Realostat“ nenne, weil sie dafür sorgt, dass unsere Realität stabil bleibt – aber sie begrenzt sie eben auch auf den Rahmen des Denkbaren, und zwar für jeden Menschen individuell. Deshalb konnte die Heilerin bei deinem Freund nichts ausrichten. Auch bei dir hat sie nach meinem Weltbild nicht die Heilung an sich bewirkt, sondern dir geholfen, dein Bewusstsein auf das Ziel der Heilung zu fokussieren. Damit erfüllt sie die gleiche Rolle wie zum Beispiel ein Talisman oder ein Placebo-Medikament. So ein Placebo – oder genauer der geistige Einfluss dessen, der daran glaubt – ist viel mächtiger, als die meisten wissen. In einem medizinisch dokumentierten Fall hat es jemand zum Beispiel fast geschafft, sich mit Placebo-Schlaftabletten umzubringen, die er für echt hielt. Umgekehrt kann ein echtes Schmerzmittel nach einer aktuellen Studie völlig wirkungslos werden, wenn der Behandelte glaubt, es sei ein anderes Medikament, das seine Schmerzen sogar steigern könne.

Wir haben einen extrem großen Einfluss auf unsere Lebensumstände. Ich gehe davon aus, dass er so weit reicht, dass wir tatsächlich die vielen scheinbaren Zufälle im Leben so beeinflussen können, dass sich die äußere, „objektive“ Situation unserer Bewusstseinsausrichtung anpasst – dass also eine „Bestellung beim Universum“, wie es so schön heißt, tatsächlich funktionieren kann. Beweisbar ist das allerdings kaum, denn in eine Alltagssituation spielen viel zu viele Faktoren hinein, die wir niemals überblicken können, und wir interpretieren bei entsprechender Erwartungshaltung auch vieles als Wunder, was ganz profan erklärbar wäre, wenn wir es objektiv und umfassend betrachten könnten.

Der Witz ist aber, dass das für die Empfehlung, nach der du gefragt hast, gar nicht wesentlich ist. Denn selbst wenn sich der ganze Einfluss, den wir auf unsere Realität haben, auf „unesoterische“ Faktoren beschränken würde, also etwa unsere selektive Wahrnehmung – die ebenfalls extrem mächtig ist – oder den Einfluss unserer Stimmung und inneren Einstellung auf unseren sozialen Erfolg und unser Immunsystem, würde die Empfehlung dieselbe bleiben:

Richte deinen Geist auf das aus, was du wirklich aus tiefstem Herzen willst – weder auf das, was du nicht willst, noch auf das, was du zu brauchen glaubst. Was wir wirklich wollen, fühlt sich immer uneingeschränkt positiv an. Wenn nicht, steckt hinter dem Wunsch in Wirklichkeit eine Angst, und wenn wir uns darauf fokussieren, bekommen wir eher die Angst bestätigt als den Wunsch erfüllt. Diese Ängste beruhen aber fast alle auf Irrtümern unseres Gehirns, weil unsere Instinkte uns immer noch im Dschungel und damit in ständiger Lebensgefahr wähnen und weil wir als Kleinkinder aufgrund schmerzlicher Erfahrungen Angstreaktionsmuster abgespeichert haben, die später unbewusst weiterwirken. Deshalb tut man gut daran, diese Irrtümer aufzuklären, um den Weg für eine wirklich positive Realitätsgestaltung freizumachen.

Letztlich geht es uns nicht um das Erfüllen äußerer Wünsche, sondern um das Glück an sich, also einen geistigen und emotionalen Zustand. Es empfiehlt sich daher, sein Bewusstsein direkt darauf auszurichten und nicht auf scheinbare Notwendigkeiten auf dem Weg dorthin. Denn wie Buddha sagte: „Es gibt keinen Weg zum Glück. Glück ist der Weg.“

Es gibt die Theorie, dass unser Universum denselben Gesetzen unterworfen ist wie ein Hologramm. Würden wir ein Hologramm, welches ein Auto darstellt, in zwei Teile schneiden, dann würde jedes Teilstück des Bildes nicht den halben Wagen enthalten, sondern auf jedem Teilstück wäre der ganze Wagen zu sehen – zwar immer unschärfer und detailärmer, aber nichtsdestotrotz immer das komplette Bild. Diese Theorie besagt also: Ganz egal, wie sehr wir die Teilstücke zerteilen würden, jedes Teilstück würde weiterhin den ganzen Wagen beinhalten. Das würde bedeuten, dass jedes noch so kleine Teilchen immer die Information des Ganzen in sich beherbergt. Wie siehst Du das? Kann man sagen, dass jeder Mensch als Teilstück des Universums die Gesamtinformation des Universums in sich trägt? Und falls ja, was würde das für uns Menschen bedeuten? Ergeben sich daraus Möglichkeiten, derer wir uns bisher nicht bewusst waren?

Ich kenne das holografische Universum nur als Schlagwort und habe nicht viel dazu gelesen. Aber an der These, dass alles mit allem verbunden ist, ist auf jeden Fall etwas dran. Wir erleben im Alltag nur eine drei- oder vierdimensionale Vernetzung, die wir mit Begriffen wie „Mechanik“ und „Kausalität“ beschreiben, aber das Multiversum hat wesentlich mehr Dimensionen, in der auch viel mehr Verbindungen möglich sind. Ein mathematisches Beispiel: Bei einem dreidimensionalen Würfel ist jede Ecke mit drei anderen verbunden. Bei einem vierdimensionalen Hyperwürfel sind es schon vier Verbindungen pro Ecke und so weiter.

Die Quantenphysik spricht ebenfalls für eine universelle Vernetzung. Sie besagt, dass zwei Teilchen, die einmal in Kontakt waren, auf ewig verknüpft sind in dem Sinne, dass ihre Quantenzustände verschränkt und voneinander abhängig sind. Und da das Universum laut Urknall-Theorie aus einem einzigen Punkt hervorgegangen ist, der alles enthielt, was je entstanden ist, müssten konsequenterweise alle Teilchen miteinander verschränkt sein.

Wenn wir uns anschauen, wie zum Beispiel erleuchtete Yogis oder Menschen mit außerkörperlichen Erfahrungen ihre Zustände erweiterten Bewusstseins beschreiben, so scheint es wirklich so zu sein, dass jeder Mensch die Möglichkeit hat, sein Bewusstsein auf andere Bereiche des Multiversums auszudehnen, womöglich sogar auf das gesamte Multiversum. Denn wie schon gesagt, eigentlich gibt es in diesem Weltbild nur ein einziges Bewusstsein, innerhalb dessen verschiedene Wahrnehmungsperspektiven existieren, die wir als Individuen oder „Wesen“ interpretieren. Aber tatsächlich ist alles ein großes Ganzes.

Wie klappt es bei dir, bewusst Einfluss aufs Leben zu nehmen? Gibt es da nennenswerte Erfolge zu verbuchen?

Für mich sind die Erfolge nennenswert, auch wenn sie nicht spektakulär genug sind, um in einem Buch über erfolgreiche „Bestellungen beim Universum“ zu erscheinen oder gar als Beweis für den direkten Einfluss des Bewusstseins auf die Wirklichkeit zu gelten.

Die wichtigste Errungenschaft, die ich aus meinen Erkenntnissen gezogen habe, ist für mich, dass ich mich nicht mehr als Opfer äußerer Umstände betrachte. Allerdings war es ebenso wichtig zu lernen, mich nicht für meine eigene – nicht immer optimale – Realitätsgestaltung schuldig zu fühlen. Wer diese Kurve nicht kriegt, kann sich mit der immensen Eigenverantwortung, die dieses Weltbild mit sich bringt, leicht überfordern – ich spreche da aus Erfahrung.

Ich bin keinesfalls frei von Problemen, aber ich suche die Ursachen nicht mehr außerhalb von mir – das schafft schon mal viel Freiheit. Und ich nehme Probleme auch nicht mehr so schwer, weil ich weiß, dass sie einfach Ausdruck ungelöster Angststrukturen sind, die ich nun mal mitbringe und nicht alle von heute auf morgen auflösen kann. Probleme verschwinden umso schneller, je weniger Gewicht wir ihnen verleihen und je eher wir sie als Chance oder Herausforderung begreifen statt als Hindernis.

Ich bestelle mir keine Wunscherfüllungen beim Universum, sondern versuche, eine gelassene, optimistische Grundhaltung zu kultivieren, weil sich die Realität dem dann automatisch anpasst und mir liefert, was ich brauche, um voranzukommen. Das ist zugegebenermaßen manchmal ganz schön schwierig, vor allem wenn man wie ich plötzlich in der neuen Situation ist, Kinder zu haben – eine größere Herausforderung für meine Gelassenheit habe ich noch nie erlebt und fühle mich manchmal richtig zurückgeworfen in meiner persönlichen Entwicklung. Zugleich weiß ich aber, dass dies die bisher größte Wachstumschance meines Lebens ist.

Wenn ich aber ein paar Jahre zurückschaue, erkenne ich, wie weit ich schon gekommen bin – auch mit der äußeren Realitätsgestaltung. Vom unzufriedenen Angestellten, der sich eine berufliche Selbstständigkeit gar nicht vorstellen konnte, zum erfolgreichen Freiberufler und Buchautor, vom ständig unglücklich verliebten Single zum glücklich verheirateten Familienvater mit tollem Eigenheim. Klingt banal, aber es sind große Schritte, finde ich. Ich bin noch nicht ganz zufrieden mit dem, was ich bin, aber sehr zufrieden mit dem, was ich schon geschafft habe.

Zum Abschluss noch einige allgemeine Fragen. Was macht ein Erfolgsautor wie du in der Freizeit?

Wenn man als Autor, Verleger, Übersetzer und Lektor arbeitet und zwei kleine Kinder und eine berufstätige Frau hat, bleibt leider nicht viel Freizeit übrig. Das ist mein größtes gefühltes Problem, weil ich einen ungemein starken Kreativitätsdrang habe, aber die meisten Projekte, die in meinem Kopf herumschwirren, derzeit nicht umsetzen kann, weil ich dafür „richtig viel“ Zeit und Muße bräuchte. So besteht meine Freizeit in erster Linie aus „Familienprogramm“, und wenn etwas Zeit für mich bleibt, nutze ich sie zum Beispiel, um mit Freunden zu kommunizieren – meist über das Internet – oder gelegentlich zum Lesen, aber mein Stapel lesenswerter Bücher wächst schneller, als ich ihn abtragen kann.

Wenn die Kinder größer sind, hoffe ich auf mehr Freiräume für meine vielen Ideen. Ich bin ein großer Fan von Computern und elektronischen Musikinstrumenten und habe einige Selbstbauprojekte in diesem Bereich geplant – der Elektroingenieur, der ich auf dem Papier bin, will auch ein wenig mitmischen in meinem Leben. Ich möchte außerdem eigene Musik produzieren, vielleicht auch einen Film – Science-Fiction. Und natürlich Bücher schreiben, für die ich aber bisher nur vage Ideen habe. Immerhin erscheint dieses Jahr ein kleiner Ergänzungsband zum ersten Buch mit Fragen und Antworten zum Thema Bewusstsein und Realität.

Welche drei Bücher oder Filme würdest du auf eine einsame Insel mitnehmen?

Puh – schwierig. Mein erster Impuls war: gar keine. Die Insel wirklich als solche erleben, als Ort fernab solcher Einflüsse. Aber wenn ich den Rest meines Lebens dort verbringen sollte, würde ich mir das schon gut überlegen. Es gibt wenige Bücher, die ich mehr als einmal lese. Vielleicht würde ich einfach drei gute Nachschlagewerke mitnehmen, um mir neugierige Fragen zu beantworten, wenn ich die Insel erkunde. Aber da müsste ich eigentlich schon das ganze Internet mitnehmen … Vielleicht würde ich auch einen spirituellen Kurs wie das „Master Key System“ oder den „Kurs in Wundern“ wählen, weil ich ja dort viel Zeit zum Üben hätte. Aber eigentlich glaube ich, dass die Insel selbst der beste Lehrmeister für spirituelle Entwicklung wäre.

Bei Filmen hätte „Star Wars“ (das Original von 1977) gewisse Chancen – den kann ich immer wieder sehen. Aber am ehesten würde ich wohl drei DVDs von „Shaun das Schaf“ mitnehmen. Die werden nie langweilig. Ich liebe diese Kombination aus liebevoll handgemachter Optik und Perfektion – und den elementaren Humor. Überhaupt wäre etwas zum Lachen vielleicht das Wichtigste, was man in die Einsamkeit mitnehmen kann.

Was unterscheidet deiner Meinung nach einen Zen-Mönch von Menschen aus der sogenannten westlichen Leistungsgesellschaft?

Ich bin eigentlich nicht befugt, das zu beantworten, da ich nie Zen-Mönch war, sondern nur einmal kurze Zeit an einer Zen-Meditationsgruppe teilgenommen habe. Aber nach meiner Vorstellung unterscheidet er sich in erster Linie darin, dass er den äußeren Dingen nicht die Bedeutung gibt, die sie für uns meistens haben. Wichtigkeit ist eine von Menschen zugewiesene Eigenschaft, die auf gefühlten Bedürfnissen oder Ängsten basiert. Davon versucht der Buddhist frei zu werden. Dann kann er die Dinge einfach wahrnehmen, ohne sie zu bewerten.

Auch ohne Wertesystem ergibt sich daraus jedoch eine Art Ethik, denn der Buddhist kann sich zum Beispiel durchaus vom Leid eines anderen berühren lassen – ebenso wie er sich von einer Blume oder einer Mülltonne berühren lassen kann. Ohne dazwischengeschaltete Interpretationsfilter ist es ein unmittelbares Wahrnehmen. Unmittelbares Mitgefühl ist die beste Grundlage für „richtiges“ Handeln im Sinne einer universellen Ethik, die nicht auf Glaubenssystemen beruht, sondern aus der direkten Wahrnehmung dessen, was jemand braucht. Und die Abwesenheit von Konzepten ermöglicht eine innere Ruhe, wie sie bei uns wohl kaum jemand erlebt.

Wie siehst du die Zukunft der Menschheit in den nächsten Jahren? Irgendwelche großen Veränderungen, oder bleibt deiner Meinung nach alles mehr oder weniger beim Alten?

Es bleibt schon seit Jahrzehnten fast nichts mehr beim Alten, wenn man Zeiträume mehrerer Jahre betrachtet. Wir erleben eine exponentiell beschleunigte Entwicklung in vielen Bereichen. Das liegt vor allem an der zunehmenden Vernetzung des Planeten, wodurch sich Ideen viel schneller verbreiten, was wiederum die Entwicklung und Vernetzung beschleunigt.

Wie sich das allerdings in den nächsten Jahren konkret auswirken wird, wage ich nicht zu prognostizieren. Jedenfalls gehöre ich nicht zu den 2012-Gläubigen, die meinen, dass nun der Weltuntergang oder der große Bewusstseinssprung stattfinden müsse, nur weil der Epochenzähler des Maya-Kalenders um eins weiterspringt. In diesem Zusammenhang wird leider auch eine Menge pseudowissenschaftlicher Unsinn verbreitet. Aber ich lasse mich nächstes Jahr gerne eines Besseren belehren.

Die von mir und anderen verbreiteten Themen jedenfalls finden bei immer mehr Menschen Anklang, insofern denke ich, dass sich auf diesem Gebiet in nächster Zeit einiges tun wird. Vielleicht bewirkt es tatsächlich eine Bewusstseinsevolution, aber in jedem Fall hoffe ich auf spannende Erkenntnisse über die Natur unseres Daseins.

Jörg, ich bedanke mich für dieses Interview und wünsche dir und deiner Familie alles Gute für die Zukunft.